Von
HSU Team (Sigrid Hartong & Ina Sander)
🇬🇧 English version: read here
Im Oktober 2025 übergab das Team der Universität Padua den „Staffelstab“ der Leitung des aktuellen Arbeitspakets (Entwicklung von OER) an das Team der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg. Natürlich hatten wir bereits im Vorfeld mit der Planung für das dritte Arbeitspaket begonnen, aber nun konnten wir endlich loslegen! Das Hauptziel unseres Arbeitspakets ist es, Entwürfe für offene Bildungsressourcen (Open Educational Resources, OER) zu entwickeln, die auf den bisherigen Ergebnissen des Arbeitspakets 2 aufbauen – darunter das „Framework for Practice“ und die Selbstreflexionsinstrumente – und die zur Reflexion darüber anregen, wie die Ethischen Leitlinien für Lehrkräfte über die Nutzung von KI und Daten für Lehr- und Lernzwecke der EU in der Praxis umgesetzt werden können. Gemeinsam mit allen Partnern des ETH-TECH-Projekts haben wir – basierend auf den Ergebnissen der „Awareness Raising Sessions“ – entschieden, uns auf drei dieser Leitlinien zu konzentrieren: Vorrang menschlichen Handeln und menschliche Aufsicht, Transparenz sowie Vielfalt, Nichtdiskriminierung und Fairness. Für jedes EU-Prinzip wird eine OER entwickelt, die Lehrende dabei unterstützen soll, durch die Anwendung einer Co-Design-Methode mit ihren Lernenden tiefergehende Kenntnisse über das jeweilige EU-Prinzip zu erwerben und zukünftige Entscheidungsprozesse zu informieren.

Um OER zu entwickeln, die sowohl für Lehrende als auch für Studierende wirklich nützlich sind, haben wir uns einen komplexen Ablauf überlegt, der Studierende eng in die OER-Entwicklung einbindet und mehrere Feedback- und Überarbeitungsrunden umfasst. Dieser Ablauf baut auf vorherigen Diskussionen und Vorbereitungsarbeit von allen ETH-TECH Partnern auf. Im Meeting aller Partner in Cluj im Sommer 2025 wurden nicht nur die drei EU-Prinzipien für die OER festgelegt, sondern alle Partner sammelten Material, auf dessen Basis die Studierenden sich in die Prinzipien einarbeiten sollten, suchten Beispiel-OER heraus, die die Designs der Studierenden inspirieren sollten, und diskutierten die Co-Design-Methoden, die in den OER umgesetzt werden sollten. Dieser Blogbeitrag legt den Fokus auf den zweiten Schritt, der auf dieser Vorbereitungsarbeit aufbaut: die Einbettung der OER-Entwicklung in ein M.A.-Seminar an der HSU.
Von Oktober bis Dezember 2025 leitete Ina Sander ein Seminar zum Thema „Techniksoziologie” im Rahmen des Masterstudiengangs Bildungs- und Erziehungswissenschaft an der Helmut-Schmidt-Universität. In den ersten Wochen sammelten die Studierenden neues Wissen über die Datafizierung der Gesellschaft und des Bildungssektors, diskutierten ethische Perspektiven zu diesen Entwicklungen und probierten bestehende offene Bildungsressourcen aus, die eine kritische Reflexion über Datentechnologien fördern. Anschließend befasste sich das Seminar eingehender mit den EU-Leitlinien, und die Studierenden wurden entsprechend den drei ausgewählten Prinzipien in Gruppen eingeteilt: Vorrang menschlichen Handeln und menschliche Aufsicht, Transparenz sowie Vielfalt, Nichtdiskriminierung und Fairness. Danach vertieften die Studierenden ihr Wissen über das jeweils gewählte EU-Prinzip anhand von wissenschaftlicher Literatur und journalistischen Artikeln. Das Material, das hierfür genutzt wurde, stammte aus den Empfehlungen aller ETH-TECH-Partner.
In Woche 4 begannen wir mit der Entwicklung der OER. Als ersten Schritt entwickelten die Studierenden Szenarien in Form von kreativen Kurzgeschichten, die den aktuellen Stand der Technologienutzung in der Bildung in Bezug auf ihr EU-Prinzip beschreiben, beispielsweise wie undurchsichtig die Datenverarbeitung und Ergebniserstellung von Large Language Models ist. Mit Hilfe einer spekulativen Zukunftsmethode entwickelten sie dann ideale Szenarien für jedes Prinzip: Wie würde für Sie eine zukünftige Nutzung von Technologien aussehen, die dieses EU-Prinzip perfekt umsetzt? Dieses Zukunftsszenario bildete das Ziel der OER: Auf diese Zukunft wollen die OER hinarbeiten.
Die Studierenden lernten außerdem verschiedene Co-Design-Methoden kennen, die zuvor mit allen ETH-TECH-Partnern diskutiert worden waren. Unsere Idee hinter der Entwicklung von OER auf Basis von Co-Design-Methoden war es, zukünftige Nutzer der OER dazu anzuregen, kritisch zu denken, zu testen und zu erforschen, anstatt einfache und eindeutige Antworten anzustreben; ihre eigene Bildungsumgebung genauer zu untersuchen; Raum für Emotionen zu schaffen; und verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen, einschließlich unterrepräsentierter Stimmen und Konflikte. Wir glauben, dass dies am besten erreicht wird, indem man den Lernenden nicht die „richtigen“ Antworten dazu liefert, wie eine ethische Nutzung von Technologie im Bildungsbereich aussieht, sondern sie diese Fragen selbst erforschen lässt. Konkret haben wir den Studierenden die Methoden des Conflict Mapping, des Storyboardings für Empathie, des Photovoicing, des Cultural Probing, des Actstorming, und der Empathetic Contract Creation vorgestellt. Jede Gruppe wurde gebeten, eine Methode auszuwählen, die ihrer Meinung nach am besten geeignet ist, um Reflexion über ihr EU-Prinzip zu fördern.

Auf Grundlage ihres erlangten Wissens über das EU-Prinzip, ihrer Zukunftsszenarien, ihrer eigenen Erfahrungen mit dem Einsatz von Technologie im Bildungsbereich und ihrer ausgewählten Co-Design-Methode begannen die Studierenden dann mit der Entwicklung ihrer ersten Ideen für ihre OER. Dies war der Start eines mehrstufigen Test- und Feedbackprozesses (siehe Abbildung).

In einem ersten Schritt wurden die initialen OER-Ideen der Studierenden diskutiert und vom HSU-Team (Ina Sander und Sigrid Hartong) wurde Feedback gegeben. Nach einer weiteren Woche der Entwicklung nahmen die Studierenden kurze Pitches auf, in denen sie ihre OER-Entwürfe zeigten und beschrieben. Diese Pitches wurden für asynchrone und synchrone nationale Testsitzungen mit allen ETH-TECH-Partnern sowie weiteren Studierenden und Hochschullehrenden in Italien, Spanien und Rumänien verwendet. Dies erwies sich als sehr wertvoller Schritt, da die internationalen Studierenden und Dozierenden detailliertes Feedback und eine wichtige „Außenperspektive” dazu lieferten, wie leicht verständlich und nutzbar die OER-Entwürfe waren und wie sie für diese Zielgruppen attraktiver gestaltet werden könnten. Auf Grundlage all dieser Rückmeldungen arbeiteten die Studierenden weiter an ihren OER-Entwürfen und überarbeiteten sie zu einer detaillierteren und „testbaren” Version. Diese Version wurde in einer weiteren Testsitzung mit Lehrenden und Studierenden der Helmut-Schmidt-Universität ausprobiert. Die Seminarteilnehmer nahmen dann eine letzte Überarbeitung ihrer OER-Entwürfe vor und reichten diese Mitte Dezember, am Ende des Seminars, ein.


Mit dieser letzten Abgabe erreichten wir das Ende eines komplexen, aber auch sehr spannenden und partizipativen Seminars. Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen der studentischen Gruppenarbeiten und freuen uns sehr darauf, in den nächsten Wochen gemeinsam mit allen ETH-TECH-Partnern unsere Arbeit an diesen OER-Entwürfen fortzusetzen. Dazu gehört ein OER-Design-Workshop im Januar 2026 sowie eine weitere internationale Testsitzung, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist – nehmen Sie gerne daran teil! Das Ziel des dritten Arbeitspakets ist die Entwicklung von OER-Pilotprojekten, die dann im vierten Arbeitspaket genutzt werden können. In einigen Fällen werden sogar die Seminarteilnehmenden, von denen sich einige bereit erklärt haben, auch außerhalb des Seminarkontexts in ihrer Freizeit weiter an der OER-Entwicklung mitzuwirken, in diese Weiterentwicklung einbezogen. Unser Fazit daher: obwohl es deutlich mehr Vorbereitungsarbeit erfordert als ein „normales” Seminar, können wir partizipative Ansätze für Hochschulseminare und OER-Entwicklungsprozesse nur empfehlen!
Leave a Reply